Tagebücher, Band 2. 1911-1912
Von Erich Mühsam
Hrsg. von Chris Hirte und Conrad Piers
Berlin: Verbrecher Verlag, 2012. Leinenband mit Lesebändchen, 375 Seiten. ISBN : 978-3940426789.
Beschreibung
15 Jahre lang, von 1910 bis 1924, hat Erich Mühsam, der berühmteste deutsche Anarchist sein Leben festgehalten – ausführlich, stilistisch pointiert, schonungslos auch sich selbst gegenüber – und niemals langweilig.
Was diese Tagebücher so fesselnd macht, ist der wache Blick des Weltveränderers. Mühsam wollte Anarchie praktisch ausprobieren. Anarchie hieß für ihn: Leben ohne moralische Scheuklappen, ohne Rücksicht auf Konventionen – und er bewies, dass es geht. Auch das Schreiben ist Aktion, in allen Sätzen schwingt die Erwartung des Umbruchs mit, den er tatsächlich mit herbeiführt: Die Münchner Räterevolution ist auch die seine, und die Rache der bayerischen Justiz trifft ihn hart.
Mühsams Tagebuch ist ein Jahrhundertwerk, das es noch zu entdecken gilt, es erscheint in 15 Bänden – und zugleich als Online-Edition. Die gewissenhaft edierten Textbände werden im Netz unter www.muehsam-tagebuecher.de begleitet von einem Anmerkungsapparat mit kommentiertem Namenregister, Sacherklärungen, ergänzenden Materialien, Suchfunktionen – so entsteht eine historisch kritische Ausgabe!
Erich Mühsam: Tagebücher - Editionsplan:
Band 1 - 1910–1911 // erschienen 2011
Band 2 - 1911–1912 // erschienen März 2012
Band 3 - 1912–1914 // erschienen Dezember 2012
Band 4 - 1915 // erschienen Mai 2013
Band 5 - 1915–1916 // erschienen November 2013
Band 6 - 1919 // erschienen Mai 2014
Band 7 - 1919–1921 // erschienen November 2014
Band 8 - 1921 // erschienen Juni 2015
Band 9 - 1921 // erschienen März 2016
Band 10 - 1922 // erschienen September 2016
Band 11 - 1922 // erschienen Mai 2017
Band 12 - 1922–1923 // erschienen November 2017
Band 13 - 1923 // erschienen Juni 2018
Band 14 - 1923–1924 // erschienen Januar 2019
Band 15 - 1924 // erschienen Mai 2019
Pressestimmen:
Im soeben erschienenen zweiten Band (...) tummelt sich der linke Aktivist Mühsam überwiegend in der Münchener Bohème Schwabings. Seine präzise Sprache (schiefe Sätze findet man selten) übt einen großen Sog aus, der den Leser sehr gerne teilhaben lässt an diesem großen Ich- und Zeitdokument.
Jürgen Lentes, Frankfurter Rundschau
Der hier schreibt, ist ein manchmal lustiger, übermütiger, mitunter aber auch trauriger Bohemien, ein Brettl-Dichter, der in Künstlerkreisen verkehrt, ein Flaneur auch; ein wenig ein Hallodri, aber ein sympathischer. Er schreibt uneitel, ehrlich, ist geistreich, ein junger Dichter, der nach Anerkennung sucht. Ein Zitat zu Mühsams Selbstsicht: "Es ist ein wahrer Skandal, dass ich nicht viel mehr anerkannt werde."
Sally Sallmann, Kulturradio-rbb
Die von dem Anarchisten und Freidenker Mühsam mit Sorgfalt geführten und flott geschriebenen Tagebücher sind mehr als eine reine Selbstbespiegelung. Sie sind als seltenes zeitgeschichtliches Dokument eine faszinierende Chronik der gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Verfassung jener Zeit, ferner ein Stück Sittengeschichte und zugleich ein Who is Who der damaligen Polit- und Kulturszene.
Bernd Philipsen, Schleswig-Holstein Journal - Wochenendjournal des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlages
Eine Chronik nicht nur über 15 Jahre seines wild bewegten Lebens und seiner zahlreichen Amouren, seiner permanenten Geldknappheit und seines Wirkens als Revoluzzer mit Bohemienstatus sowie seiner geringen literarischen Erfolge, sondern diese Aufzeichnungen gewähren auch einen großartig-subjektiven, ungeschminkten Einblick in das politische, wirtschaftliche, soziale, gesellschaftliche und kulturelle Geschehen vor, während und nach dem 1. Weltkrieg.[...] Eine historisch-politisch-literarische Lektüre, die absolut lohnt.
Hannes S. Macher, Forum Politikunterricht
Sie sind eine große späte Entdeckung: die Tagebücher des 1878 geborenen Poeten, Publizisten und anarchistischen Politikers Erich Mühsam [...]. Bis ins Jahr 1924 setzt er die Aufzeichnungen fort, die ihn als genauen Beobachter seiner Umgebung und stilsicheren Schriftsteller erweisen. Pointiert, polemisch und schonungslos hat er mit diesen Heften ein Jahrhundertwerk hinterlassen.
Harry Oberländer, Faust-Kultur
Was für ein herrliches Lotterleben!
Frank Willman, Info-Portal Weltexpress
Leseprobe:
Château d’Oex. la Soldanelle, 22. August 1910. Montag.
Bei strömendem Regen war ich eben unten im Dorf, um mir dies Heft zu kaufen. Es soll mein Tagebuch sein. Ich glaube kaum, dass ich es in der Art führen werde wie damals im Gefängnis. Dazu gibt’s hier bei aller Beschäftigungslosigkeit und bei aller Langeweile zu viel zu tun; dazu habe ich auch hier bei aller Zeitbindung und bei aller Willensbeschränkung noch immer zu viel Freiheit. Ich werde schwerlich jeden Tag zu Eintragungen kommen – und jedenfalls kaum je zu ausführlichen. So werde ich mich also einrichten müssen.
[... mehr]
Diesen Artikel haben wir am 09.06.2012 in unseren Katalog aufgenommen.