Irokesen und Demokratie
Ein Beitrag zur Soziologie interkultureller Kommunikation
Von Thomas Wagner
Münster: LIT-Verlag, 2004. 398 Seiten, mit Abb., Paperback. ISBN: 978-3825868451.
Kurzbeschreibung:
War der Irokesenbund Vorbild und Ideengeber für die Verfassung der USA? Die kritische Neubewertung der kontrovers diskutierten Einflussthese zeigt, dass Institutionen herrschaftsloser Gesellschaften für die friedliche und demokratische Lösung drängender Weltprobleme relevant bleiben. Eingehend beschäftigt sich Wagner im zweiten Kapitel seiner Studie mit den herrschaftsfreien Methoden und Institutionen, die den Irokesenbund als eine segmentäre Gesellschaft im Sinne einer "regulierten Anarchie" charakterisieren. Deutlich werden dabei die segmentären Strukturen einer matrilinearen Gesellschaft, deren Geschlechtersymmetrie als das grundlegende Muster für "symmetrische Machtbalancen" die ganze Gesellschaft durchzieht. Wagner beschreibt das politische System der Irokesen als "egalitäre Konsensdemokratie", deren Zusammenhalt augrund der Abwesenheit einer Zentralinstanz auf Verhandlungsritualen und Allianzen beruht.
Prolog: Die Deganawidah-Erzählung [15]
1. Einleitung [18]
1.1. Bemerkungen zur Begriffsverwendung [26]
1.2. Forschungsstand [30]
1.3. Hinweise zur Zielsetzung und Methode [32]
1.4. Gliederung der Arbeit [35]
2. Der Irokesenbund als Regulierte Anarchie [40]
2.1. Regulierte Anarchie: segmentäre Gesellschaften als egalitäre Institutionengefüge [46]
2.2. Ohwachira (Matri-Lineage) [48]
2.3. Clans [50]
2.4. Siedlung [52]
2.5. National- oder Stammesrat [53]
2.6. Bundesrat [54]
2.7. Konfliktregulierung [57]
2.8. Die Herstellung ökonomischer Gleichheit [61]
2.9. Institutionelle Herrschaftsblockaden: Reziprozität und duales Institutionenarrangement [64]
2.9.1. Geschlechtersymmetrie [66]
2.9.2. Hälftentrennung [69]
2.9.3. Kondolenzzeremonie [71]
2.10. Egalitäre Konsensdemokratie [73]
3 . Worte Geben: Strukturmerkmale diplomatischer Institutionen der Indianerdiplomatie im 17. und 18. Jahrhundert [81]
3.1. Die Bundeskette: die Covenant Chain als internationales Bündnissystem im nordamerikanischen Waldland [83]
3.1.1. Irokesische Neutralitätspolitik [90]
3.1.2. Übernahme des irokesischen Protokolls durch die Kolonialmächte [95]
3.2. Ablaufschema einer diplomatischen Verhandlung [102]
3.3. Zur Symbolsprache internationaler Verhandlungen [106]
3.3.1. Verwandtschaftssymbolik [110]
3.3.2. Egalitäre Metaphern des Zentrums: Ratsfeuer-, Baum- und Kreissymbolik [113]
3.3.3. Vom irokesischen Friedens- zum revolutionären Freiheitsbaum [116]
3.3.4. Wampum: Massenproduktion und Formveränderungen [120]
3.3.5. Der Tomahawk [121]
3.3.6. Covenant Chain: die indianisch-britische Bundeskette [123]
3.3.7. Irokesisches Pfeilbündel und amerikanisches Amtssiegel [126]
3.4. Überlegungen zur Funktion und Neuschöpfung von Symbolsemantiken im transkulturellen Verkehr [134]
4. Von den Mohawks der Tea Party zum irokesischen Matriarchat der Suffragetten. Das indianische Erbe im Rahmen republikanischer Gründungsmythen des 18. und 19. Jahrhunderts [141]
4.1. Wildes Amerika: Koloniale Indianerbilder und revolutionäre Leitideen [144]
4.2. Indianerbilder als Medium republikanischer Selbstdarstellung im Massenprotest [152]
4.3. Die Tammany-Gesellschaft und die Suche nach einer amerikanischen Gründungsmythologie [159]
4.4. Zur Rolle der Tammany-Gesellschaft und anderer indianistischer Bruderschaften im Kampf um die Leitideen der frühen Republik [161]
4.5. Vom Indianerspielen zur amerikanischen Ethnologie - Lewis Henry Morgan und seine "Neue Irokesische Konföderation" [175]
4.6. Das Matriarchat als Alternative. Die frühe amerikanische Frauenbewegung und die Irokesen : Rezeption und Kontakte im 19. Jahrhundert [181]
4.7. Irokesische Pfeilspitzen im Amtssiegel der USA? Ein Vorgeplänkel der Einflussdebatte im späten 19. Jahrhundert [192]
4.8. Zusammenfassung: Symbolische Indianer und indianistische Rituale in der amerikanischen Politik des 18. und 19. Jahrhunderts [196]
5. Von Colden zu Jefferson. Indianerbilder in der frühen amerikanischen politischen Theorie und die Genese der Bundesverfassung [202]
5.1. Indianerbilder im radikalen Protestantismus [205]
5.2. Über den amerikanischen Naturzustand: Vom philosophischen Konstrukt zur empirischen Fundierung [213]
5.3. Indianer in der republikanischen Gesellschaftstheorie. Von Fergusons bürgerlicher Republik zu Jeffersons herrschaftsloser Agrargesellschaft [220]
5.4. Legitimationsformeln kolonialer Verdrängungspolitik: Lockescher Besitzindividualismus und die Mär vom indianischen Jägernomadismus [226]
5.5. Die Indianer und die Verfassung [234]
5.6. Resümee [244]
6. Going Traditional! Ethnonationalismus und Reservationskultur [253]
6.1. Handsome Lake und die Geburt einer Religion [259]
6.2. "Progressive" und "Konservative"- Zur Fraktionenbildung auf den Reservationen [264]
6.3. Souveränität [284]
7. Ein Historikerstreit als Kulturkampf [287]
7.1. Symbole des Widerstands und symbolische Kämpfe um Deutungshoheit [289]
7.2. Irokesische Geschichtsrepräsentation im Kontext der PC-Debatte [296]
7.3. Resümee [303]
8. Die Einflussdebatte und ihre Konsequenzen. Zusammenfassung und Ausblick [309]
8.1. " Irokesen und Demokratie " - Zusammenfassung [311]
8.2. Ethnonationalismus und herrschaftslose Institutionen in der Weltgesellschaft. Ein Ausblick auf das unausgeschöpfte demokratietheoretische Potential des Konzepts "Regulierte Anarchie" [331]
Epilog: Der Deganawidah-Mythos und Hannah Arendts Theorie des Politischen [348]
ANHANG:
Literaturverzeichnis [357]
Register [388]
Diesen Artikel haben wir am 17.12.2009 in unseren Katalog aufgenommen.